Bleibegespräche als Schlüssel zur Mitarbeiter*innenbindung in der New Work-Welt

Mai, 2024


Quiet Quitting oder Climate Quitting sind nur einige Phänomene, die beschreiben, dass immer mehr Arbeitnehmer*innen nicht mehr zufrieden in ihren Jobs sind. Diese Unzufriedenheit führt zur (inneren) Kündigung und kann als Zeichen des Wandels unserer Arbeitswelt betrachtet werden. Neue Technologien, ein zunehmender Fokus auf Flexibilität und Work-Life-Balance sowie der Aufstieg von New Work-Arbeitsmodellen haben ein “traditionelles” Verständnis von Arbeit und den Anspruch an die eigene Arbeit überholt. Seit der Pandemie hat sich dieser Trend verstärkt: unsere (Arbeits-)welt wurde einmal auf den Kopf gestellt. Für viele stellte dies eine Möglichkeit dar, alte (Arbeits-)muster zu hinterfragen. Zeitgleich kommt mit Gen Z eine Generation, die (stereotypisch) ihre ganz eigenen Vorstellungen auf den Arbeitsmarkt mitbringt: Karriere mit Sinn, Flexibilität statt Lifetime-Job oder Unternehmenskultur mit Benefits. Durch den Anstieg an New Work-Modellen hat sich das Verhältnis zwischen Unternehmen und Mitarbeiter*innen zudem grundlegend gewandelt. Anstatt Mitarbeiter*innen als Ressourcen zu betrachten, die bestimmte Aufgaben erledigen, werden diese als Partner*innen auf Augenhöhe gesehen. Mitarbeiter*innen streben nach mehr als einem festen Gehaltsscheck. Sie suchen nach Sinnhaftigkeit, Flexibilität, Entwicklungsmöglichkeiten und einem New Work-Arbeitsumfeld, das ihre individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten berücksichtigt.

In diesem neuen New Work-Arbeitsumfeld stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Mitarbeiter*innen nicht nur zu gewinnen, sondern auch langfristig zu binden.

New Work-Strategie: Bleibegespräch anstatt Kündigung? 

Faktoren wie der Fachkräftemangel, demografischer Wandel sowie die New Work-Transformation der Arbeitswelt führen in Deutschland dazu, dass Unternehmen immer mehr Herausforderungen haben, gute Mitarbeiter*innen zu finden und zu halten. Zahlen unterstreichen dieses Problem: in der Langzeitstudie „Gallup Engagement Index Deutschland“ wurde festgestellt, dass lediglich 14 % der Arbeitnehmer*innen in Deutschland sich “stark an ihren Arbeitgeber” gebunden fühlen. Fluktuation ist in vielen Unternehmen normal geworden. Wie schaffen es Unternehmen, dass Mitarbeiter*innen doch bleiben?

Eine Strategie ist das Bleibegespräch. Doch was genau ist ein Bleibegespräch? Bleibegespräche sind gezielte Gespräche zwischen Arbeitgeber*innen und Mitarbeiter*innen, die darauf abzielen, die Bindung und Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen zu stärken. Sie bieten die Möglichkeit, offene Fragen zu klären, Bedenken anzusprechen und Entwicklungsmöglichkeiten zu erörtern. Somit schaffen sie einen Raum, um die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Mitarbeiter*innen besser zu verstehen und entsprechend zu reagieren - bevor die Kündigung kommt. Bleibegespräche ersetzen dabei jedoch nicht regelmäßige Mitarbeiter*innen- und Feedbackgespräche, sondern können als ein zusätzliches Instrument betrachtet werden. 

Warum sollten Unternehmen Bleibegespräche führen? 

Für Unternehmen gibt es eine Vielzahl an Gründen, warum sie Bleibegespräche führen sollten. Zum einen macht es der “War of Talents” schwierig, neue Talente zu finden. Zum anderen ist es möglich, dass sich eine hohe Fluktuationsrate negativ auf das Geschäft auswirken. Neue Mitarbeiter*innen einarbeiten, kostet Zeit und Geld. Ständige Fluktuation kann zudem weitere Mitarbeiter*innen an der Attraktivität des Unternehmens zweifeln lassen. Gleichzeitig sind Bleibegespräche ein gutes Instrument, um (frühzeitig) Feedback von Mitarbeiter*innen zu erhalten. So besteht die Möglichkeit (vor dem quiet quitting) auf Unzufriedenheiten und Probleme eingegangen werden und Mitarbeiter*innen gezeigt werden, dass Unternehmen an ihrer langfristigen Entwicklung interessiert sind. Es ist ein Zeichen der Wertschätzung und führt optimalerweise zu einer höheren Mitarbeiter*innenbindung. 

Das Bleibegespräch in vier Schritten

Jedes Bleibegespräch verläuft nach einer eigenen Dynamik. Grundsätzlich wird ein Bleibegespräch in vier Schritten geführt: 

  • Vorbereitung: Eine gute Vorbereitung gilt inhaltlich und organisatorisch. Inhaltlich ist eine Auseinandersetzung mit dem Profil und den Tätigkeiten von Mitarbeiter*innen wichtig. Organisatorisch sollte darauf geachtet werden, dass es genug Zeit für das Gespräch gibt sowie einen Raum, der eine einladende Atmosphäre hat.
  • Gesprächseröffnung: Eine positive Gesprächseröffnung bestimmt die Stimmung des Bleibegespräches. Hier ist es sinnvoll, offene und ehrliche Fragen vorzubereiten, die Mitarbeiter*innen dazu einladen, ihre Gedanken und Bedenken zu äußern.
  • Aktives Zuhören: Beim Bleibegespräch liegt ein Fokus darauf, die Perspektive von Mitarbeiter*innen zu verstehen. Durch aktives Zuhören ist es möglich, Interessen und Anliegen wirklich zu verstehen. Gezielte Nachfragen zeigen ehrliches Interesse und ermöglichen ein tiefgreifendes Verständnis. 
  • Abschluss: Nicht jedes Bleibegespräch führt zu einem direkten Ergebnis. Manchmal müssen beide Seiten das Besprochene erst einmal verarbeiten, um zu Vereinbarungen und Maßnahmen zu kommen. Wenn möglich, dann ist es an dieser Stelle sinnvoll direkt zu überlegen, wie man weiter zusammen arbeiten möchte.