Du, Oma Renate, was ist eigentlich... #ToxischeMännlichkeit
Oktober, 2022
5 min
Neulich traf ich mich mit einer guten Freundin in einem Café zum „Plauder-Stündchen“. Ganz ehrlich, das tut unseren Seelen doch auch einfach gut, sich an einem ganz normalen Mittwoch mal wieder relaxt zu treffen, um über „Gott und die Welt“ zu quatschen.
Wir waren im Gespräch und erfreuten uns grad an Erzählungen über unser Oma-Dasein, da klang vom Nebentisch eine Wortschöpfung zwischen unserem Gespräch: toxische Männlichkeit. Am Nebentisch saßen zwei junge, sehr sympathisch wirkende Frauen, die sich ziemlich emotional über ihr Arbeitsteam unterhielten. Nein, ich bin kein Lauschertyp, jedoch unterhielten sie sich ziemlich erregt und somit auch lauter. Leise fragte ich meine Freundin, ob sie schon einmal den Begriff toxische Männlichkeit gehört hätte? Sie verneinte. Also diktierte ich meinem Handy-Notizbuch - natürlich leise - diese Wortschöpfung, um später zu Hause mich detaillierter mit dem Begriff zu beschäftigen.
Was denkst Du, was der Begriff bedeuten könnte?
Ich stelle mir in erster Linie, ohne gleich Google um Rat zu fragen, eine negative Bedeutung vor. Männlichkeit ist für mich die Charakterisierung einer männlichen Person in Zusammenfassung seiner Eigenschaften, seiner Charakterzüge, die dann diesen einen Mann mit seinem Erscheinungsbild ausmachen. Daraus entwickeln wir auch unsere unterschiedlichen menschlichen Interessen/Beziehungen an und zu Männern. Das oberflächliche „Nur-Aussehen“ kann es ja nicht sein! Ob in der Liebe, im Beruf, im Alltag und in der Freizeit allgemein, wo immer wir uns als Menschen mit gleicher Wertigkeit begegnen. Toxische Männlichkeit bedeutet für mich vergiftete Männlichkeit – oder halte ich mich hier zu sehr an die Bedeutung des Wortes toxisch? Fehlt mir Phantasie zur freieren Deutung? Oder geht es hier um Männer, die nicht mit dem heutigen Frauenbild bzw. der vielfältigen Entfaltungsmöglichkeit der Geschlechter klar kommen und der Meinung sind, dass nur die typisch männlichen Geschöpfe groß in ihrer Wertigkeit sind?
Toxische Männlichkeit (auch „giftige Männlichkeit“, englisch: toxic masculinity) ist ein Schlagwort für ein Rollenbild, „das Aggressivität zur Präsentation der eigenen Männlichkeit nahelegt und eine Unterordnung von Frauen befürwortet“. Es zeichnet sich durch destruktive, von Dominanz geprägte Verhaltensmuster und gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen aus. Als „toxisch“ gilt dieses Rollenbild, weil es sowohl fremd- als auch selbstgefährdend ist. Generell werden Gewalt, Dominanz, Aggressivität, Misogynie und Homophobie mit dem Begriff assoziiert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Toxische_M%C3%A4nnlichkeit
Und, was denkst Du dazu? Hättest Du das gedacht? Wie ist Deine Meinung zur toxischen Männlichkeit?
Falsch lag ich mit meiner Vermutung nicht! Ich denke, die Frauen im Café haben in ihrer Arbeitswelt Probleme – vielleicht mit männlichen Arbeitgebern, die immer noch nicht in der heutigen Zeit angekommen sind. Das ist schade und ziemlich traurig. Ich vermute, dass es noch sehr lange dauern wird, sehr viel Aufklärung nach wie vor von Nöten ist. Manches Mal denke ich, unsere Gesellschaft wäre schon weiter in diesen Fragen des gemeinsamen Zusammenlebens.
Hast Du denn auch in deiner Arbeitswelt toxische Männlichkeit wahrgenommen?
Aber ganz gewiss! So einige Herren der Schöpfung mit tiefgründigem Fachwissen in gehobenen Positionen begegneten mir. Aber deren Frauenbild war oft verquer und vorgespannt! Der Ehrlichkeit zur Genüge: die Mehrzahl der vielen männlichen Arbeitskollegen waren nette, freundliche, höfliche sowie verständnisvolle Mitarbeiter, die Gleichbehandlung der Geschlechter lebend!
Du als taffe Power-Frau, wie hast Du auf toxische Männlichkeit innerhalb und außerhalb der Arbeit reagiert?
War ich selbst mal betroffen, wusste ich mich mit Worten zu wehren und meine Grenzen ganz klar zu setzen! Da ich in meiner Berufstätigkeit auch Ausbilderin war, wussten die weiblichen und männlichen Auszubildenden immer: Sollte ein auffälliges Verhalten eines Kollegen oder Kunden an den Tag treten, ihre Ausbilderin ist da und wird diese Dinge klären! In einem Fall führte dies sogar zu einer Abmahnung für den männlichen Kollegen! Und das war gut so! Auch heute noch werde ich nicht meinen Mund halten, nicht schweigend zusehen, wie vor mir Ungerechtigkeit oder Gewalt stattfindet!
Ein großes Zeichen für Veränderungen ist die MeToo Debatte und die erzielten Erfolge. Vielleicht DER Auslöser überhaupt in unserer Zeit für den Schrei nach STOP – damit muss Schluss sein! Aufmerksamkeit im Großen – aber eben auch im Kleinen! Vorgehen ansprechen und nicht mehr schlucken – sich wehren! Im Berufsleben sowie in allen privaten Ebenen. Es finden Veränderungen statt. Werben Unternehmen heutzutage bereits bei der Besetzung von Führungspositionen, dass gern eine Frau gesucht wird, zeigt dies, dass die althergebrachten Hierarchien aufgebrochen werden. Gerade im Juli 2022 hat uns die Frauenfußball EM mit so viel Freude und Begeisterung auf allen Seiten erfüllt, so dass endlich auch diese Domäne nicht mehr nur von toxischer Männlichkeit überschattet wird. Natürlich ist der Weg noch nicht komplett beschritten … Aber ein großer Schritt in die richtige Richtung gehen wir Menschen gemeinsam – und bekommen Fußballerinnen noch die gleichen Gagen wie ihre männlichen Kollegen, dann sind wir dem Ziel ein ganzes Stück näher!
Renate, wie sinnvoll ist nun Deiner Meinung nach der Begriff Toxische Männlichkeit? Wie viel Punkte gibst Du dem Ganzen?
Der zusammengesetzte feststehende Begriff Toxische Männlichkeit hat mehr Bedeutung denn je! Unsere Gesellschaft in all ihrer Vielfalt und Farbenprächtigkeit mit all ihren Facetten muss begreifen, dass diese toxische Männlichkeit einzelne vergiftet, Teile der Gesellschaft vergiftet! Ein friedvolles, akzeptiertes Miteinander und Füreinander Aller muss unser gemeinsames Ziel sein! Wir reden ja hier von Verhaltensweisen von Männern – und diese werden doch schon in der Erziehung der Kinder geprägt! Das Verhaltensmuster in der Erziehung unserer Kinder muss schon der erste Schritt sein – so oder so ähnlich die Aussagen in der Soziologie …
Die Männer selbst können lernen, ihre vielleicht anerzogenen oder angenommenen Verhaltensweisen zu ändern. Ist die Erkenntnis da, dass toxische Männlichkeit ihr Dasein und das ihrer Mitmenschen vergiftet, sollten sie den Mut aufbringen, ihre eigenen Verhaltensweisen zu betrachten und zu ändern. So viele Männer – und hier der große Teil der Männer denke ich, leben und wirken mit diesem Anspruch in sich und für sich in unserer Gesellschaft!
Von mir gibt es für diese Wortschöpfung schon in seiner Aktualität eine 5-von-5-Sternebewertung im Boomer Rating.