TikTok-Trend: Quiet Quitting
November, 2022
4 min
In den sozialen Medien ging gerade das Quiet Quitting viral. Auf verschiedenen Plattformen, vor allem aber auf TikTok, rechneten eine Vielzahl von Benutzer*innen mit der Hustle-Culture ab – und leiten die Bewegung des Quiet Quitting ein.
Quiet Quitting: Mental gekündigt, aber trotzdem am Arbeitsplatz?
Beim Quiet Quitting geht es nicht etwa darum, sich leise und unbemerkt aus dem Job zu verabschieden, indem man kündigt. Vielmehr geht es in diesem Trend laut dem viralen TikTok, der die Diskussion ins Rollen brachte, darum, sich von der Idee zu verabschieden, dass man für seinen Job “above and beyond” geht, also stets alles gibt und diesen an erste Stelle setzt. Quiet Quitting kann daher an eine Absage an die Hustle-Culture unserer Gesellschaft, die beruflichen Erfolg und übermäßiges Arbeiten zelebriert, verstanden werden. “Arbeiten ist nicht Dein Leben” lautet die starke Botschaft, die Quiet Quitting verbreiten möchte. Das ist natürlich eigentlich kein neues Phänomen und wahrscheinlich gibt es mehr als genug Arbeitnehmer*innen, die bereits Quiet Quitting betreiben, ohne es so zu nennen. Dennoch gibt es eben auch das Gegenteil, gerade unter den Millenials, bei denen eine “Work Hard, Play Hard”-Mentalität weit verbreitet ist. Kein Wunder also, dass dieser Gen Z-Trend gerade jetzt so heiß diskutiert wird.
Work-Life-Balance oder Albtraum der Startup-Welt?
Wie sieht Quiet Quitting in der Realität aus? Es geht natürlich nicht darum, auf der Arbeit einfach gar nichts mehr zu machen. Stattdessen geht es um die Botschaft, dass das Leben aus mehr als nur Arbeiten besteht und die eigenen Prioritäten dementsprechend gesetzt werden sollen. Es wird sich dafür eingesetzt, dass pünktlich Feierabend gemacht wird und nach der Arbeit ausreichend Zeit für Freund*innen, Familie oder Hobbies ist. Bewusst sollen Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben gesetzt werden. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass der Laptop im Büro bleibt, E-Mails nur während der tatsächlichen Arbeitszeit – also auch nicht mal schnell auf dem Handy auf dem Weg zur Arbeit – gelesen und beantwortet werden und zusätzliche Verantwortung abgelehnt wird. Woher diese Einstellung kommt, kann so pauschal nicht beantwortet werden. Möglich ist aber, dass sich im Quiet Quitting ein Generationenunterschied zeigt. Zum einen sind gerade die New Work-Millenials eine Generation, in der Hustle-Culture sehr verbreitet ist. Überstunden, ständige Erreichbarkeit und Engagement neben dem eigentlichen Job sind hier die Norm. Für viele führte dies aber nicht zu dem gewünschten beruflichen Aufstieg oder ist auf die Dauer einfach mit zu viel Stress verbunden. Und somit rückt jetzt nicht mehr der Beruf, sondern das Privatleben an erster Stelle. Zum anderen rückt mit Gen Z eine Generation auf den Arbeitsmarkt, die für sich schon früh erkannt hat, dass es im Leben nicht nur darum geht, Karriere zu machen und viel Geld zu verdienen. Vielmehr legt diese Generation Wert auf die gesellschaftliche Relevanz ihrer Arbeit und eben darauf, eine gute Work-Life-Balance zu finden. Anders als in vorherigen Generationen geht es hier tatsächlich um eine Balance und weniger um eine Work-Life-Integration, bei dem Arbeit und Privatleben bestmöglich miteinander integriert werden - mit flexiblen Arbeitszeiten, aber eben auch nach 22 Uhr oder am Wochenende.
Während die einen Quiet Quitting also als Revolution der Work-Life-Balance feiern, sehen andere den Trend einfach als Beweis dafür, dass Gen Z keine Lust hat zu arbeiten. Ok, Boomer!
New Work-Lösungen: Was können Unternehmen jetzt tun?
Quiet Quitting ist nicht nur für Arbeitnehmer*innen ein Anlass zum Nachdenken. Es gehören ja bekanntlich immer zwei dazu und daher ist dies auch für Unternehmen ein Anlass, die eigenen Strukturen zu überdenken. In den letzten Jahren gab es mit New Work eine Bewegung, die sich aktiv für mehr Work Life Blending, Individualität und Flexibilität einsetzt. Diese Strukturen wurden von vielen Unternehmen eingebaut. Passt dies noch zusammen, wenn man den Quiet Quitting-Trend ernst nimmt? Wenn niemand mehr freiwillig Überstunden macht, um sich beruflich zu beweisen, oder auch mal am Wochenende oder nach Mitternacht am Pitchdeck sitzt, funktionieren Startups dann überhaupt noch? Vielleicht ist jetzt ein guter Zeitpunkt, an dem auch Unternehmen sich selbst neu positionieren und zukunftsfähige Strukturen aufbauen. Im Fokus stehen dabei sollten:
- Faire Bezahlung statt endlose Benefits: Viele Unternehmen locken leider immer noch mit vielen Benefits anstatt mit fairen Gehältern. Mitarbeiter*innen, die sich monetär nicht gerecht entlohnt fühlen, haben verständlicherweise eine niedrigere Motivation. Und lasst uns ehrlich sein: wie viel kostenloses Obst und freie Mate kann man trinken, damit dies einen monetären Ausgleich schafft?
- Mehr Wertschätzung: Wertschätzung zeigt sich nicht nur in fairer Bezahlung, sondern auch in der Unternehmenskultur an sich. Gerade hier ist es wichtig, dass Mitarbeiter*innen nicht nur wertgeschätzt werden, wenn sie mehr Aufgaben übernehmen als sie eigentlich müssen, sondern auch einfach als die Individuen, die sie sind.
- Mehr Mitarbeiter*innen-Well-Being: Work-Life-Balance ohne Nachteile einführen. Work-Life-Balance ist kein Trade-Off. Ständige Erreichbarkeit ist keine Voraussetzung, um mobiles Arbeiten zu ermöglichen. Flexible Arbeitszeiten heißt nicht, dass auch um 22 Uhr noch E-Mails beantwortet werden müssen!
Quiet Quitting setzt ein wichtiges Zeichen, bewusst Grenzen am Arbeitsplatz zu setzen. Anstatt dies leise zu tun, sollte dies normalisiert werden und zwischen Arbeitnehmer*in und Unternehmen diskutiert werden.